Dr. Wolf-Dieter Bessing, Düsseldorf
Das Immunsystem
Wie alle lebenden Organismen ist auch der Mensch ständig den Gefahren seiner Umwelt ausgesetzt. Diese besteht auch aus Feinden, welche den menschlichen Körper bedrohen (Viren, Bakterien, Parasiten, Pilze) wie auch Schadstoffe und Gifte. Gegen diese Gefahren ist der lebende Organismus mit einem klugen Kontroll- und Abwehrsystem, dem „Immunsystem“ ausgestattet.
Das Immunsystem des Menschen besteht aus unterschiedlichen Organen, Zellen und Molekularstrukturen.
Wir unterscheiden eine unspezifische Abwehr von einer spezifischen Abwehr. Des Weiteren unterteilen wir in eine zelluläre und eine humorale Abwehr.
Die unspezifische Abwehr ist angeboren, sie besteht aus den Makrophagen, Neutrophilen Granulozyten und den Natürlichen Killerzellen. Zytokine (Botenstoffe), Immunglobuline (Antikörper), Komplementproteine und das Lysozym sind Vertreter der humoralen Immunität.
Die zelluläre spezifische Abwehr ist erworben, sie besteht aus den verschiedenen T-Lymphozyten (T-Helfer, T-Suppressor, T-Gedächtniszellen und den zytotoxischen T-Zellen).
Die humorale spezifische Abwehr entsteht durch Antikörper, welche von Plasmazellen und B-Gedächtniszellen produziert werden.
Ein intaktes Immunsystem setzt eine Synergie der Funktionen von zellulärem und humoralem System voraus.
Problematisch für den menschlichen Organismus wird es dann, wenn dieses Immunsystem geschwächt wird. Dafür können sowohl schädliche Umweltfaktoren als auch chronischer seelischer Stress verantwortlich sein.
Ist das Immunsystem aber erst einmal geschwächt, kommt es zu den verschiedensten Krankheiten.
Nachteile einer einseitigen Immunstimulation
Um einer Schwächung des Immunsystems entgegen zu wirken und dadurch das Entstehen oder Fortbestehen von Krankheiten zu verhindern werden in der Medizin auch Immun- stimulanzien eingesetzt. Dabei kann es sich um Pflanzenextrakte, Mittel aus Bakterien, homöopathische Präparate oder verschiedene Mikronährstoffe, z.B. Vitamine handeln, die immun- stimulatorisch wirken. Aber es gibt auch Risiken bei dem Einsatz von Immunstimulanzien. Es besteht immer die Gefahr einer Überstimmulation. Bei der Anwendung von Phytostimulanzien sind allergische oder autoimmunologische Reaktionen bekannt und nicht auszuschließen.
Die akute Entzündung ist eine Abwehrreaktion des Immunsystems, um einen Heilungsprozess zu ermöglichen. Entzündung ist also nicht immer unerwünscht, sondern sogar notwendig um das Eindringen von Erregern zu verhindern, geschädigtes Gewebe abzubauen und neues Gewebe zu regenerieren. Wenn diese sich aber verselbständigt und zu einer chronischen Entzündung entgleist, oder sich als Autoimmunreaktion gegen den eigenen Organismus wendet, dann kann sie zur tödlichen Gefahr werden.
Im Akutfall der Entzündung müssen die großen Fresszellen in größerer Zahl in das Entzündungsgebiet gerufen werden. Das geschieht durch ein System von etwa 20 großmolekularen Eiweißbausteinen (hintereinander geschalteten Enzymen), die als Komplementsystem bezeichnet werden. Im weiteren Verlauf der Entzündung werden sogenannte Adhäsionsmoleküle (Kontakt- Andokmoleküle) auf der Oberfläche der Fresszellen ausgeprägt, aber auch an den Wänden der kleinen Blutgefäße (Kapillaren) bilden sie sich aus. Ihre besondere Aufgabe besteht darin, die Makrophagen an diese andocken zu lassen und sie so leichter durch die Gefäßwände in das Gewebe eindringen zu lassen. Problematisch wird eine chronische Überexpression von Adhäsionsmolekülen bei chronischen Verläufen von Entzündungen, da hier auch Eindringlinge (z.B. Bakterien) und Krebszellen beste Möglichkeiten vorfinden können, um in das Gewebe einzudringen.
Wenn blaue Flecken (Hämatome) nur sehr langsam resorbiert werden oder der Wundheilungsprozeß schlecht abläuft ist das meist ein Mangel an Enzymen.
Kommt es zu einer massiven Expression (Ausprägung) von Adhäsionsmolekülen und einer vermehrten Produktion von Zytokinen, die dann massenhaft Makrophagen (große Fresszellen) anlocken, kann das Steuerungssystem von Aktivierung und Hemmung zusammenbrechen. Behindern sich die Effektoren (Makrophagen, Neutrophile Granulozyten) gegenseitig oder greifen sie sogar gesundes Gewebe an, kann aus der heilenden akuten Entzündungsreaktion eine zerstörende chronische Entzündung entstehen.
Chronische Entzündungen sind fast immer mit chronischen Schmerzen verbunden, sie sind das eigentliche Leid und mindern die Lebensqualität.
Das Ziel: Dynamische Immunregulation
In der Schulmedizin setzt man bei überschießenden Entzündungsreaktionen Medikamente (Corticosteroidale-, Nichtsteroidale Antiphlogistica z.B. Diclophenac, Ibuprophen, etc.) ein, die entweder das Immunsystem oder die Bildung von Entzündungsmediatoren der Eicosanoidbiosynthese oder Zytokine hemmen. Das ist selbstverständlich auch manchmal dringend erforderlich, um akute Gefahren für den Organismus abzuwenden. Das kann jedoch nicht für Langzeittherapien gelten, denn der Nachteil besteht darin, dass zwar die Symptome, jedoch nicht die Ursachen einer Erkrankung damit ausgeheilt werden können; von den bekannten, ungünstigen Nebenwirkungen ganz zu schweigen.
Wäre es nicht besser, wenn man von außen Enzyme zu führen würde, um den Enzymmangel am Kettenende der Komplementkaskade zu beseitigen, und damit die Entzündungsreaktion abzubremsen und schließlich zu beenden?
Die in letzter Zeit eingesetzten Antikörper wie TNF-alpha-AK oder IL-2-AK haben trotz hoher Therapiekosten bisher nicht den erhofften Durchbruch gebracht. Die beträchtlichen Nebenwirkungen lassen sich bei der einseitigen Unterdrückung des Immunsystems erklären. Greifen sie doch ganz empfindlich in die Balance zwischen entzündungsstimmulierenden und entzündungshemmenden Botenstoffen des Immunsystems ein.
Proteolytische Enzyme können auch die schmerzerzeugenden Substanzen Prostaglandine und Kinine spalten und entwickeln damit eine schmerzreduzierende (analgetische) Wirkung. Gleichzeitig verhindern sie die Entwicklung einer Schmerzspirale. Über die Psycho-Neuro-Endokrinologische Achse entsteht so eine Rückkoppelung mit positivem Effekt auf das Immunsystem.
Eine einseitige Stimmulation einzelner Faktoren des Immunsystems ist nur unter strengsten Kontrollen mittels aufwendiger diagnostischer Verfahren ratsam. In der Praxis und Routine dürfte das wohl kaum durchführbar sein. Das Risiko einer Überstimulation, bei der das ganze Abwehrsystem überreagiert, ist groß. Die Folgen können lebensgefährlich sein.
Auf der anderen Seite kann das Gegenteil, nämlich ein zu gering aktiviertes Immunsystem, seine Aufgaben zum Schutz unseres Organismus auch nicht erfüllen. Die Folgen können ebenso lebensbedrohend sein. Das Ziel kann also nur eine „dynamische Immunregulation“ sein bei der die therapeutischen Maßnahmen dazu geeignet sind eine „Immunbalance“ herzustellen. Das gilt ganz besonders für die immunologische Behandlung von Infekten und insbesondere für Erkrankungen mit chronischen Infektverläufen sowie Autoimmunprozessen.
Enzyme steuern das Immunsystem
Was sind Enzyme?
Enzyme sind komplexe großmolekulare Eiweißbausteine. Sie sind Spezialisten und arbeiten mit einem Reaktionspartner, dem Substrat zusammen. Sie bewirken dabei eine ganz spezifische Reaktion. Wenn sie biochemische Prozesse katalysieren, werden sie als Biokatalysatoren bezeichnet. Durch diese Katalyse wird der Energiebedarf, der für biochemische Reaktionen erforderlich ist, beträchtlich gesenkt. Unter „Systemischer Enzymtherapie“ verstehen wir die Gabe von oral verabreichten, intestinal resorbierten und systemisch wirkenden Enzymen (Stauder G., Kleine M.W.: Referat 1. Arbeitstagung systemische Enzymtherapie, München 22.11.1986). Im englischen Sprachraum als „oral enzyme therapy“ bezeichnet.
Bei der „SET“ kommt eine Enzymkombination pflanzlicher Herkunft aus den Enzymen Bromelain aus dem Ananasstrunk und Papain aus der unreifen Frucht eines asiatischen Melonengewächses sowie Trypsin und Chymotrypsin animalischer Herkunft zum Einsatz.
Der Vorteil der SET liegt in einem klugen Zusammenwirken (Synergismus) der verschiedenen Enzyme. Eine wissenschaftliche Untersuchung bestätigte die größere Effizienz gegenüber einer Enzym-Monotherapie bei bestimmten Krankheiten.
Die Enzyme der SET steuern das Immunsystem über die Regulation des Zytokinhaushaltes.
Die Enzyme Trypsin, Chymotrypsin, Papain und Bromelain regen die Aktivität der Makrophagen und der T-Lymphozyten an. Dadurch kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung von Zytokinen. Insbesondere werden höhere Mengen an Tumornekrosefaktor (TNF) und Interleukin ausgeschüttet. Zytokine können als Botenstoffe des Immunsystems entweder die Entzündung fördern (pro-inflamatorische Wirkung) oder hemmen (anti-inflammatorische Wirkung), sie sind wichtig, wenn nach erfolgter Abwehrreaktion die Entzündung wieder heruntergeregelt werden kann.
Verfügt der Körper über zuwenig stimmulierende Zytokine dann führt das zu Infektionen, auch Krebszellen können unkontrolliert entstehen und wachsen.
Werden zu wenig suppremierende Zytokine bereitgestellt, sind chronische Entzündungen oder rezidivierende Infekte die Folge.
Enzyme (SET) können also in die Zytokinausschüttung regulierend eingreifen. Fehlt es an entzündungsstimulierenden Zytokinen und ist dadurch die Immunantwort zu schwach, können sie eine vermehrte Produktion und Ausschüttung von pro-inflammatorischen Zytokinen wie TNF-alpha oder IL-2 bewirken.
Ist es jedoch bereits zu einer Chronifizierung der Entzündung gekommen, so können Enzyme für eine vermehrte Produktion entzündungshemmender Botenstoffe z.B IL-4 und IL-10 sorgen.
Ziel des Organismus ist es mit Hilfe der Immunglobuline die eingedrungenen Antigene (Feinde) zu finden und zu elimieren. Nach Bindung der Antikörper wird die Komplementreaktion eingeleitet, die zu einer Vernichtung des Antigens oder Bakteriums führt. Die Verbindung zwischen einem Antigen und einem Immunglobulin nennt man Immunkomplex. Diese sind an Entzündungsreaktionen beteiligt. Es konnte nachgewiesen werden, dass Proteasen fähig sind, humoral induzierte Entzündungsreaktionen bereits im Entstehungsprozeß zu hemmen. Gerade die Kombination verschiedener Protesasen ist wichtig. Während Bromelain und Papain für die Destruktion des Immunkomplexes besonders wirkungsvoll sind, sind es Papain und Trypsin bei der Reduktion der Komplementbindung.
Da im Organismus aber die Prozesse parallel ablaufen, so dass gleichzeitig Entzündungsreaktionen ablaufen und ständig Immunkomplexe entstehen, ist es sinnvoll in alle Phasen des humoralen Entzündungsgeschehens durch die Kombination dieser Proteasen einzugreifen.
Der Zytokinhaushalt wird über den alpha-2-Makroglobulin-Mechanismus reguliert
Wir unterscheiden zwei Typen von Antiproteasen:
- spezifische ,welche eine reversible Bindung mit einer Protease eingehen können, deren klassischer Vertreter das alpha-1-Antitrypsin ist. Es bindet spezifisch das Trypsin.
- unspezifische Antiproteasen, deren wichtigster Vertreter das alpha-2-Makroglobulin ist. Alpha-2-Makroglobulin bindet Proteasen irreversibel.
Aufgrund der größeren chemotaktischen Aktivität ist alpha-2-Makroglobulin sogar fähig, Trypsin aus der Bindung an alpha-1-Antitrypsin zu lösen und seinerseits eine Bindung mit Trypsin einzugehen.
Durch diese Antiproteasen-Bindung verliert die Protease (Enzym) ihr antigenes Potential, also die Möglichkeit Allergien auszulösen, der Organismus wird vor Schäden durch proteolytische Eigenschaften der Enzyme geschützt, ohne dass diese ihre biologische Aktivität verlieren.
Dieser alpha-2-Makroglobulin- Enzym-Komplex übt darüber hinaus eine Schlüsselrolle im Immungeschehen aus.
Dieses durch das Enzym aktivierte alpha-2-Makroglobulin ist in der Lage, einen weiteren Bindungspartner aufzunehmen nämlich ein Zytokin ,welches wesentlich an der gesamten Entzündungsimmunologie beteiligt ist und gleichzeitig als Wachstumsfaktor bezeichnet wird, den Transformierenden Wachstumsfaktor-ß (TGF-ß). Da eine seiner Aufgaben der Verschluss von Wunden durch Vernarbung ist, induziert er Fibrosierung und Sklerosierung.
Bei chronischen entzündlichen Erkrankungen, Autoimmunprozessen und auch bei Krebs wird er vermehrt produziert. Er ist daher für alle Komplikationen, die mit übermäßiger Sklerosierung und Fibrosierung zu tun haben, wie Mikrothrombenbildung oder dem Escape-Mechanismus von Krebszellen ( Fibrinschleier zur Tarnung), verantwortlich.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass:
- in überregulierten Systemen (Chronische Entzündung, Autoimmunprozesse) die gegenregulatorischen Effekte der SET überwiegen.
- eine Down- Regulation / Modulation der Zytokinproduktion erfolgt.
- für eine Therapie mit der SET eine aufwendige Immundiagnostik nicht erforderlich ist.
- die Expression von Adhäsionsmolekülen durch SET moduliert wird.
- Alpha-2- Makroglobulin von Makrophagen produziert wird.
- Makrophagen ,welche alpha-2-Makroglobulin produzieren, durch Immunkomplexe in ihrer Funktion blockiert sein können.
- die SET pathologische Immunkomplexe senkt, so das die Alpha-2-Makroglobulin-Produktion wieder ansteigt,
- und die Zytokin- Clearance wieder effektiv funktioniert,
- die SET pathogene Immunkomplexe beseitigt.
- mit der SET eine Aktivierung und Modulation des Immunsystems möglich ist.
Die Zytokinregulation sowie die Regulation von Adhäsionsmolekülen an der Oberfläche der immunkompetenten Zellen durch die SET sind Beispiele für die Vorteile der SET gegenüber einer reinen Immunstimulation.
Aus den Zusammenhängen und den Erkenntnissen über die komplexen Vorgänge des immunologischen Entzündungsgeschehens wird verständlich, warum bei der Behandlung von Infekten und insbesondere bei chronifizierten Infektverläufen und Autoimmunerkrankungen oder auch bei Krebs als Ziel eine Dynamische Immunregulation mit der SET anzusteuern ist.